Mensch und Maschine – Interview Adi Drotleff und Markus Pech – „Wir können fast unseren gesamten Gewinn ausschütten“

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Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) hat die ersten neun Monate erneut mit Rekordwerten abgeschlossen und die Prognose 2024 bestätigt.
Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) hat die ersten neun Monate erneut mit Rekordwerten abgeschlossen und die Prognose 2024 bestätigt. Der oberbayrische CAD/CAM/BIM-Spezialist peilt im Gesamtjahr einen Ergebnissprung auf 1,89 bis 2,06 Euro je Aktie an, die Dividende soll auf 1,85 bis 1,95 Euro zulegen. Und für 2025 stellt MuM ein noch stärkeres Wachstum mit einem zweistelligen Gewinnplus in Aussicht.   

Das Nebenwerte-Magazin sprach mit dem Chairman Adi Drotleff und CFO Markus Pech über den „Wiederverkaufs-Endspurt“ in Q3, den Margensprung durch das neue Autodesk-Modell und weitere Aktienrückkäufe. Die angepeilte Ergebnisverdopplung in vier bis fünf Jahren lässt weitere kräftige Dividendensteigerungen erwarten.

Hallo Herr Drotleff, Herr Pech, im vergangenen Jahr haben wir Ihnen an dieser Stelle zum besten 9-Monatsergebnis Ihrer Firmengeschichte gratuliert. In diesem Jahr haben Sie die Rekordwerte nochmals getoppt, sind bei Umsatz und Ergebnis sogar zweistellig gewachsen. Was machen Sie besser als andere Software- und IT-Firmen, die im laufenden Jahr konjunkturbedingt schwächere Zahlen vorlegen?

Adi Drotleff: Wir bieten unseren Kunden technische Software- und Digitalisierungs-Lösungen für die Einsparung von Ressourcen und zur Optimierung ihrer internen Prozesse – das heißt genau das, was sie brauchen, um auch in einem schwierigeren Umfeld zu bestehen. Deshalb sind wir eher antizyklisch zur Konjunktur unterwegs. Außerdem steuern wir auch konsequent und zeitnah über die Kosten gegen, wenn es irgendwo schwächer läuft als vorhergesehen.

Herr Pech, das dritte Quartal stach mit einem Umsatzplus von 39 Prozent besonders heraus. Sie sprechen von einem „Wiederverkaufs-Endspurt“. Was meinen Sie damit genau?

Markus Pech: Unser langjähriger Kooperationspartner Autodesk hat ja schon vor längerer Zeit bekannt gegeben, dass er von Wiederverkauf auf ein Provisionsmodell umstellen will, bei dem zwar die Platinum-Partner wie MuM die Autodesk-Installationen ihrer Kunden weiter managen, die Rechnungsstellung aber direkt vom Hersteller kommt. Diese Umstellung ist nun im September erfolgt und hat im Vorfeld etliche unserer Kunden bewogen, ihre Autodesk-Mietlizenzen noch bei uns zu verlängern, meist sogar gleich für drei Jahre. Daraus resultiert der hohe Umsatzpeak, der auch beim Q3-EBIT mit +25 Prozent durchgeschlagen hat.

Dieser Vorzieheffekt ins Q3 lässt ein schwächeres viertes Quartal vermuten oder ist diese Schlussfolgerung falsch?

Adi Drotleff: Das ist für den Autodesk-Bereich sicher zum Teil richtig. Aber weil wir damit nur weniger als ein Viertel unserer Konzern-Wertschöpfung erwirtschaften und das Q4 ohnehin ein von unseren proprietären Software- und Service-Umsätzen dominiertes Quartal ist, sehen wir unsere Jahresprognose für 2024 gut unterlegt und haben sie nochmals bestätigt.

Sie haben das neue Autodesk-Modell angesprochen. Was ändert sich für MuM konkret und wie liefen die ersten Wochen der Umstellung?

Markus Pech: Bei uns führt das neue Modell zu einem Wegfall von nicht wertschöpfenden Umsatzanteilen bei gleichbleibendem Provisions-Rohertrag, was im Gegenzug die Renditen kräftig nach oben bringen wird. Ab dem laufenden Q4 heißt das konkret, dass der Konzernumsatz im Vergleich zum bisherigen Modell um rund ein Drittel niedriger ausfallen wird, während Rohertrag und Ergebnis davon unbeeinflusst weiter steigen und somit z. B. die EBIT-Rendite von bisher um die 15 Prozent in die Region von rund 25 Prozent hochschießen dürfte. Die Umstellung lief schon nach wenigen Wochen relativ rund, deshalb sind wir sehr zuversichtlich, dass es keine signifikanten Probleme bei unserem Jahresabschluss 2024 geben wird.

Mensch und Maschine ist ja für seine hohe Prognosequalität bekannt. Ist diese auch im neuen Modell gegeben?

Adi Drotleff: Diese dürfte sogar mit der Zeit noch besser werden, weil im neuen Modell die Autodesk-Provisionen auch bei Dreijahres-Verträgen im Jahrestakt fließen. Das wird ab 2025 unsere Umsatz-Volatilität deutlich dämpfen, weil die wiederkehrenden Erträge dann viel stetiger hereinkommen als in den vergangenen Jahren gewohnt.

Sie betonen, dass – abgesehen von der deutlich steigenden operativen Marge – die Entwicklung des absoluten Ergebnisses von der Umstellung des Autodesk-Modells nicht wesentlich beeinflusst wird. Bedeutet das auch, dass Sie unverändert eine Ergebnisverdopplung auf Sicht von 4 bis 5 Jahren anpeilen?

Markus Pech: Absolut, das haben wir gerade wieder bestätigt. Wir steuern das bekanntlich auf der Ebene unserer etwa 100 Profitcenter, indem diese ihre Kostenentwicklung bei zwei Drittel der Rohertragsentwicklung halten, woraus sich eine zum Umsatz- bzw. Rohertragswachstum überproportionale Gewinndynamik ergibt. In diesem Mechanismus spielen die Details des Autodesk-Abrechnungsmodells praktisch keine Rolle.

Für 2025 stellen Sie ein steileres Gewinnwachstum von +12 bis +25 Prozent in Aussicht. Welche positiven Impulse erwarten Sie im kommenden Jahr? Und welche Risiken stehen diesen gegenüber?

Adi Drotleff: Dazu genügt uns ein relativ sanftes Ansteigen der Wachstums-Erwartung im Rohertrag von den 8 bis 10 Prozent dieses Jahr auf eine Spanne von 10 bis 12 Prozent im kommenden Jahr, z. B. aus den 2022 abgeschlossenen 3-Jahresverträgen, die 2025 zur Verlängerung anstehen. Den Rest erledigt der Kostenhebel, den Markus Pech gerade beschrieben hat.

Im Call zu den Q3-Zahlen haben Sie über den jüngsten Erwerb von eigenen Aktien berichtet. In welcher Dimension und zu welchen Konditionen planen Sie weitere Rückkäufe und welche Verwendung haben Sie für die zurückgekauften Aktien?

Markus Pech: Unser Rückkaufprogramm ist „opportunistisch“, d. h. wir kaufen dann, wenn die MuM-Aktie vom Markt relativ billig angeboten wird. Im Moment liegt unser Triggerpunkt unter 55 Euro, da wir über die Aktiendividende im Mai/Juni gerade eigene Aktien zum damaligen Kurs von 57,17 Euro ausgegeben haben, so dass wir aus dem Aufschlag von mindestens 2,17 Euro beim Rückkauf ebenso Gewinn machen wie aus der Differenz zum Anschaffungswert bei der Aktiendividende. Solche Kursgewinne fließen jeweils direkt in die Kapitalrücklage und haben sich in den ersten neun Monaten 2024 schon auf 2,457 Mio. Euro summiert – da freut sich der CFO.

Das aktuelle Titelthema des Q3-Berichts ist der „Digitale Zwillinge für Industrie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik“. Könnten Sie dies bitte auch für IT-Laien kurz erläutern?

 Adi Drotleff: Wir verwenden den Begriff „Digitaler Zwilling“, weil er ziemlich gut wiedergibt, was unsere Software-Lösungen leisten, nämlich z. B. große Elektro- oder Verfahrenstechnik-Anlagen digital zu planen, zu simulieren und zu ändern. Oder wie unser Kunde Beer Grill AG Gastronomie-Vitrinen mit Hilfe unserer Variantenkonstruktions-Software customX von der Vitrinen-Größe über Temperaturregelung und Beleuchtung bis zur Dekorfarbe am Bildschirm zu konfigurieren und so alle Daten zu erzeugen, die man zuerst für ein Angebot und dann für die Produktion benötigt, damit auch die Fertigung von Einzelstücken wirtschaftlich gelingt.

 MuM entwickelt sich immer mehr zum Dividendenhit. Für 2024 planen Sie eine Erhöhung der Ausschüttung um 20 bis 30 Cent auf mindestens 1,85 Euro, im Folgejahr sollen nochmals 25 bis 35 Cent on top kommen. Lässt sich diese Reihe fortschreiben oder könnte der Zuwachs mittelfristig auch wieder etwas flacher ausfallen?

 Markus Pech: Da die wichtigste Investition, die Weiterentwicklung unser Software-Produkte in Höhe von derzeit rund 25 Mio. Euro pro Jahr, bei uns direkt als Betriebskosten durch die Gewinn- und Verlustrechnung fließt, kommen wir mit sehr geringen bilanziellen Investitionen aus und können fast unseren gesamten Gewinn pro Aktie ausschütten, ohne unsere Zukunft zu gefährden. Deshalb hängt das Dividendenwachstum bei MuM einfach direkt am Ergebniswachstum, das wir ja in vier bis fünf Jahren verdoppeln wollen, wie wir vorhin schon erläutert haben.

 Herr Drotleff, Herr Pech, vielen Dank für das Interview.

Mensch und Maschine VR-VorsitzenderAdi Drotleff, Verwaltungsratsvorsitzender der Mensch und Maschine Software SE

Diplom-Informatiker, Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender, Geschäftsführender Direktor. Adi Drotleff (Jahrgang 1953) schloss 1979 sein Informatik-Studium an der TU München ab und blieb noch kurze Zeit als Assistent im Bereich Rechnerarchitektur am Institut für Informatik, bevor er 1981 eine kleine Software-Entwicklungsfirma mitbegründete und damit erste Erfahrungen als Unternehmer sammelte.

1984 gründete er die Mensch und Maschine GmbH als Alleingesellschafter und führte sie seitdem zu ihrer heutigen Position als börsennotierter Softwarekonzern mit gut 1.100 Mitarbeitern an rund 75 Standorten in 22 Ländern weltweit.

Mensch und Maschine CFOMarkus Pech, CFO der Mensch und Maschine Software SE

Diplom-Betriebswirt, Geschäftsführender Direktor. Der Dipl.-Betriebswirt Markus Pech ist seit 2003 im MuM-Konzern tätig und verantwortete als stellvertretender CFO die Bereiche Accounting und Controlling. Seit dem 1.3.2016 gehört er als CFO dem „Geschäftsführenden Direktorium“ an, das in der monistisch verfassten Mensch und Maschine Software SE dem Vorstand einer AG nach deutschem Recht entspricht.

Kurzinfo zum Unternehmen

Mensch und Maschine Software SE (MuM) ist ein führender Entwickler von Computer Aided Design, Manufacturing und Engineering (CAD/CAM/CAE), Product Data/Lifecycle Management (PDM/PLM) und Building Information Modeling/Management (BIM) mit rund 75 Standorten in ganz Europa sowie in Asien und Amerika. Das MuM-Geschäftsmodell basiert auf den beiden Segmenten MuM-Software (Standardsoftware für CAM, BIM und CAE) und Digitalisierungs-Segment (kundenspezifische Digitalisierungs-Lösungen, Schulung und Beratung für Kunden aus Industrie, Bauwesen und Infrastruktur).

Die 1984 gegründete Firma hat ihren Hauptsitz in Wessling bei München, beschäftigt mehr als 1.100 Mitarbeiter und hat 2023 einen Umsatz von 322 Mio. Euro erzielt. Die MuM-Aktie ist in Frankfurt (scale30) und München (m:access) notiert.

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