„So war das nicht!“ Gemeinsamer Vertreter RA Meyer zu Schwabedissen widerspricht SdK. ERWE aus anderer Warte. Dazu Eyemaxx -Entwicklungen.

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Herr Meyer zu Schwabedissen berät Finanzdienstleister, Emittenten sowie mittelständische Unternehmen auf dem gesamten Gebiet des Kapitalmarkt- und Kapitalanlagerechts. Die Unternehmen kommen hierbei aus den unterschiedlichsten Branchen und Finanzbereichen. Ein besonderer Schwerpunkt von Herrn Meyer zu Schwabedissen ist die Beratung im Zusammenhang mit Erlaubnisanträgen nach dem KWG, WpIG und ZAG.
Am 1. September veröffentlichten wir ein Interview mit Daniel Bauer, dem Vorsitzenden der SdK – “Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger”: “Daniel Bauer, SdK: „Positive Nachrichten halten sich in Grenzen“ – MetalCorp, PREOS, ERWE, Euroboden, Steinhoff, Wirecard, Lichtmiete, Eyemaxx,…“. Dabei ging es unter anderem um die ERWE AG und deren Anleihe, die nicht bedient werden konnte. Im Fall ERWE Immobilien ist für unsere Rechtsexperten bis heute nicht wirklich erkennbar, wieso hier eine so große Eile gegeben gewesen sein soll, und vor allem, wieso der gemeinsame Vertreter einem Verzicht von rund 80 % auf die Gesamtforderung bestehend aus der Nennwertrückzahlung und Zinsforderung, zugestimmt hat.(…)” Daniel Bauer, SdK CEO, im Interview vom 1. September mit dem nwm.

Wir haben dazu den gemeinsamen Vertreter, der konkret angesprochen wurde, befragt. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen möchte gerne den Sachverhalt „ERWE“ aus seiner Warte erläutern. Und sagt auch etwas über den Stand bei Eyemaxx.

Herr Schwabedissen bevor wir zum eigentlichen Thema kommen, der ERWE Anleihe und deren “Abwicklung”, können Sie unseren Lesern etwas zu ihrer Person sagen?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Ich bin Partner der Düsseldorfer Kanzlei mzs Rechtsanwälte, die seit mehr als 20 Jahren auf das Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert ist. Fünf Anwälte sind u.a. Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht.Das Thema gemeinsamer Vertreter ist für mich ein Spezialthema. Ich habe einige Mandate als gemeinsamer Vertreter, z.B. die besicherte Anleihe von Eyemaxx, die eine ähnliche Größenordnung und Thematik hat wie die ERWE-Anleihe. Ähnlich insofern, dass es um Immobilien geht, die durch das Marktumfeld aktuell erheblich am Wert verloren haben könnten.

Was ist  eigentlich ein “gemeinsamer Vertreter”? Welche Rechte hat er, welche Pflichten?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Ein gemeinsamer Vertreter hat zwei zentrale Aufgaben. Zum einen stehen ihm weitgehende Informationsrechte zu, die dem einzelnen Anleihegläubiger nicht zustehen. Zum anderen gewährleistet der gemeinsame Vertreter, dass nicht mehr der einzelne Gläubiger seine Rechte aus der Anleihe geltend machen muss und kann. Dies hat zur Folge, dass z.B. im Falle der Sanierung ein einzelner Anleihegläubiger nicht mehr kündigen kann. Es gibt Fälle, in denen die Rettung einer Emittentin daran gescheitert ist, dass einzelne Gläubiger ihre Anleihe gekündigt hatten und damit jegliche Sanierungsbemühungen der großen Mehrheit der Gläubiger torpediert haben. Deswegen ist die Einsetzung eines gemeinsamen Vertreters für alle Beteiligten sinnvoll.

Und wie sind Sie zum gemeinsamen Vertreter der ERWE-Anleihe geworden?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Ich wurde wie üblich auf einer Gläubigerversammlung gewählt; mit 86,45 % aller Stimmen. Die wenigen Gegenstimmen kaprizierten sich auf ein Detail bei der Vergütungsregelung, das hier aber ohnehin nicht zum Tragen kommt.

Herr Bauer sagte, dass ein Verzicht auf rund 80% der Anleiheforderungen und die gezeigte “Eile” nicht nachvollziehbar seien? Wie stellt sich das Ganze für Sie da?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Nur kurz zu Klarstellung, da hier offenbar ein Missverständnis vorliegt: der Verzicht gilt nur für den Fall, dass die Kapitalerhöhung zustande kommt. Ich habe also nichts aus der Hand gegeben. Außerdem haben die Gläubiger eine Sicherheit erhalten, in dem Herr Karl Ehlerding für die Zahlung der 8,5 Mio. Euro persönlich haftet. Von „Eile“ im Sinne von „überstürzt“ kann also wirklich nicht die Rede sein.

Hätte denn nicht auch eine Stundung und ein Nachrang ausgereicht? Musste es ein Verzicht sein?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Ich hatte auch gehofft, mit einer einfachen Stundung Zeit gewinnen zu können. Dem war aber nicht so. Mir wurde ein Gutachten einer renommierten Großkanzlei vorgelegt, aus welchem ganz klar hervorging, dass eine Stundung das Thema Überschuldung nicht gelöst hätte und das Thema Nachrang nicht in Frage kam. Zwar lag das Gutachten nur als Entwurf vor, aber die harten Tatsachen waren schlicht nicht bestreitbar.

Könnten Sie das nochmal genauer erläutern?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Bekanntlich gibt es zwei Insolvenzgründe: Liquidität und Überschuldung, Das Thema Liquidität hätte mit einer Stundung temporär erledigt werden können. Aber nicht das Thema Überschuldung, weil auch gestundete Verbindlichkeiten in der Überschuldungsbilanz aufzuführen sind. Dann hätte man noch einen Nachrang erklären können. Dagegen sprachen aber zwei Gründe: zum einen hätte sich kein Investor gefunden, der die 12 Mio. € Eigenkapital investiert hätte, wenn vor seiner Dividende noch das Nachrangdarlehen hätte bedient werden müssen. Zum anderen war damit zu rechnen, dass die Überschuldungssituation noch Jahre nicht beseitigt worden wäre, sodass das Nachrangdarlehen am St. Nimmerleinstag bedient würde.

Und wie sieht es mit der vorgebrachten Rechnung bei der 12,5 Mio EUR Kapitalerhöhung aus? Herr Bauer bemängelte im Interview: “für uns nicht nachvollziehbar, wie die Kapitalerhöhung um 12 Mio. Euro ausreichen soll, um nun das operative Geschäft am Laufen zu halten, und die 8,5 Mio. Euro an die Anleiheinhaber zurückzuzahlen. Denn vor dem mit dem gemeinsamen Vertreter vereinbarten Verzicht sollten die Anleiheinhaber ja 6 Mio. Aktien, und keine bare Rückzahlung erhalten. Die Kapitalerhöhung sollte wie auch jetzt 12 Mio. Euro betragen. Somit müsste die Kapitalerhöhung nun ja um 8,5 Mio. Euro höher ausfallen als zuvor.

Das war in der Tat von mir auch eine Überlegung gewesen, weswegen ich anfangs eher für eine Insolvenz war als für einen hair cut oder eine Wandelung in Aktien. Aber in den Verhandlungen konnte erreicht werden, dass Herr Karl Ehlerding für die 8,5 Mio. Euro persönlich haftet. Da das Geld bereits auf ein Treuhandkonto eingezahlt wurde, kommt es gar nicht mehr so darauf an, ob die ERWE den Vergleich bedienen kann. Die Gläubiger sind ja valide besichert.

Würden Sie im “Fall ERWE” im nachhinein betrachtet etwas anders machen?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Nein. Ich denke unter den gegebenen Umständen war es das Maximum dessen, was realistisch erreichbar war. Natürlich weiß man nie, ob die ERWE oder Herr Ehlerding noch mitgegangen wären, wenn man einen höheren Vergleich verlangt hätte. Das ist alles Spekulation. Wenn ich mir die Interessenslage der Beteiligten anschaue, muss ich aber sagen, dass eine Restrukturierung nach § 31 StaRUG eine konkrete Gefahr für die Gläubiger dargestellt hat. Aus einer solchen Restrukturierung wären die Gläubiger nach meiner sicheren Überzeugung deutlich schlechter herausgekommen. Sie hätte vielleicht nur noch 2% bekommen. Das StaRUG ist ein neues und sehr gefährliches Instrument, das zu einer Enteignung führen kann. Das ist in Investorenkreisen noch viel zu wenig bekannt. Die Emittentin war auf dem Weg der Restrukturierung nach dem StaRUG. Das hat sie mir nachgewiesen. Also es war alles sehr sehr knapp.

Und gibt es bei Ihren anderen Mandaten als “gemeinsamer Vertreter” neue Entwicklungen? Bei Eyemaxx vertreten Sie die “besicherte Anleihe” und scheinen mit dem anderen gemeinsamen Vertreter (für die zweite ausstehende Anleihe) relativ zerstritten. Gibt es hier Fortschritte?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Von zerstritten würde ich nicht reden. Wir vertreten unterschiedliche Interessen. Das zentrale Problem ist für uns beide in gleicher Weise, dass die Immobilienpreise in nicht erwarteter Höhe verfallen sind. Was mich und „meine“ Anliehe betrifft, sehe ich nur völlig inakzeptable Angebote. Deswegen stimme ich Verkäufen bislang nicht zu. Ich weiß nicht genau, wie die Angebote bei den unbesicherten Anleihen sind. Es finden jedenfalls Verkäufe statt, aber offenbar zu wenig erbaulichen Kursen. Meine Generallinie ist, dass wir noch etwas Zeit brauchen, bis sich die Immobilienpreise wieder erholt haben. Die Kaufpreise sinken, aber die Mieten bleiben. Da die betreffenden Immobilien größtenteils vermietet sind, gibt es ausreichend Liquidität, um die erforderlichen Reparaturen an den Gebäuden zu bezahlen. Wir können also zur Not noch lange durchhalten.

Welche Perspektive sehen Sie für die Anleihe?

Gustav Meyer zu Schwabedissen: Es gibt mit der Insolvenzverwalterin einen schwerwiegenden Dissens. Sie meint, alle Sicherheiten auf den in Österreich gelegenen Immobilien seien unwirksam bestellt. Die damit verbundenen komplexen Fragen kann ich hier nicht ausbreiten. Aber es wird wohl so sein, dass die Rechtsfragen vor Gericht geklärt werden müssen. Nach dem aktuellen Stand der Verhandlungen muss die Insolvenzverwalterin binnen 3 Monaten Klage erheben. Das Klageverfahren selbst kann Jahre dauern. Entsprechend kommen die Gläubiger nicht an die Verkaufserlöse heran. Das ist bedauerlich, aber ich bleibe hier hartnäckig, weil ich davon überzeugt bin, dass an den Argumenten der Insolvenzverwalterin im Ergebnis nicht viel dran ist und die Anleger am Ende das bessere Ende haben werden und die Insolvenzverwaltung am Ende die „meinen“ Gläubigern erlittenen Verzugszinsen bezahlen muss.

Herr Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen, vielen Dank für das Interview.

Herr Meyer zu Schwabedissen berät Finanzdienstleister, Emittenten sowie mittelständische Unternehmen auf dem gesamten Gebiet des Kapitalmarkt- und Kapitalanlagerechts. Die Unternehmen kommen hierbei aus den unterschiedlichsten Branchen und Finanzbereichen. Ein besonderer Schwerpunkt von Herrn Meyer zu Schwabedissen ist die Beratung im Zusammenhang mit Erlaubnisanträgen nach dem KWG, WpIG und ZAG.

Ein weiteres Spezialthema von Herrn Meyer zu Schwabedissen ist die aufsichtsrechtliche Rechtsberatung im Zusammenhang mit mezzaninen Finanzierungen. Er berät Unternehmen umfassend u. a. zu den regulatorischen Anforderungen und unterschiedlichen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Marktsegment.

Herr Meyer zu Schwabedissen ist überdies bereits mehrfach zum gemeinsamen Vertreter von Anleihegläubigern gewählt worden und übt dieses Amt bei verschiedenen mittelständischen Anleihen aus.

Herr Meyer zu Schwabedissen hält regelmäßig Vorträge auf Branchenmessen und vor Fachpublikum. Zudem ist er gefragter Interviewpartner zu kapitalmarktrechtlichen Fragen und Autor von zahlreichen Beiträgen in Fachzeitschriften und Branchenmagazinen (direkt zu Publikationen).

Kanzleiportrait:

mzs Rechtsanwälte vereidigter Buchprüfer Meyer zu Schwabedissen und Partner mbB ist eine Fachkanzlei für Bank-, Kapitalmarkt- und Versicherungsrecht. Alle Mitarbeiter und Partner haben eine klare Fokussierung auf diese Rechtsgebiete, welche sich durch zahlreiche Fachanwaltstitel im Bank- und Kapitalmarktrecht und im Versicherungsrecht wiederspiegelt. Innerhalb unseres Tätigkeitsbereichs verfolgen wir einen umfassenden Beratungsansatz: Wir vertreten alle Marktteilnehmer zu allen Rechtsfragen, die mit der Strukturierung und dem Vertrieb von Finanz- und Versicherungsprodukten zu tun haben. Gerade dadurch, dass wir die Perspektiven der verschiedenen Marktteilnehmer kennen, können wir unseren Mandanten eine besonders fachkundige Beratung bieten. Der Einsatz von jeweils für die konkrete Aufgabenstellung optimal ausgewählten Anwälten gewährleistet dabei eine effiziente und kompetente Verwirklichung ihrer Ziele.

mzs Rechtsanwälte blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die Kanzlei geht aus der 1954 gegründeten Wirtschaftsrechtskanzlei Kortländer & Partner hervor. Mit Eintritt von Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen im Jahr 1986 begann die Spezialisierung auf das Bankrecht und Kapitalmarktrecht.

Seit 2011 wird die Kanzlei durch die Partner Gustav Meyer zu Schwabedissen, Dr. Jochen Strohmeyer, Dr. Thomas Meschede und Arne Podewils LL.M. geführt. Sie werden aktuell von 4 RechtsanwältInnen unterstützt. Die Kanzlei besteht insgesamt aus 10 MitarbeiterInnen.

Kontakt: Telefon: +49 211 69 002-0

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