Scale | Mensch und Maschine im Interview: „Einfach mehr auf die Ergebnisse schauen“

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Michael Nowak, Vorstand Bitcoin Group SE: „Ich bin fest davon überzeugt, dass Bitcoins Schritt für Schritt Bestandteil unseres Alltags werden.“

Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) bleibt auf Rekordkurs. Der CAD/CAM-Spezialist glänzt nach neun Monaten mit einem EBIT-Plus von 19,5 % auf 21,8 Mio. Euro und

einem starken Anstieg des Cashflows um 53 %. Für das Gesamtjahr peilt MuM ein Nettoergebnis von 107-118 Cent pro Aktie an nach 99 Cent im Vorjahr. Das Nebenwerte-Magazin sprach mit MuM-CEO Adi Drotleff über u. a. den „schwarzen Schwan“ Corona, die fast Vollausschüttung bei der Dividende und eine weitere Gewinnverdopplung bis 2024 oder 2025.

Herr Drotleff, nach einem Corona-bedingt schwächeren Q2 gab es im Q3 erste Erholungstendenzen. Wie zufrieden waren Sie mit dem operativen Abschneiden im dritten Quartal angesichts des Umsatzrückgangs um 7,1 % im Vergleich zum Vorjahresquartal?

Adi Drotleff: Da wir die 7,1% Umsatzminus in eine EBIT-Steigerung um fast 20% drehen konnten, sind wir mit der Gesamt-Entwicklung im Q3 sehr zufrieden und freuen uns über die hohe Kostenelastizität unseres Geschäftsmodells, die uns auch recht gelassen auf das Schlussquartal blicken lässt. Auf Neunmonatsbasis stehen wir zweistellig über den Rekord-Ergebnissen des sehr starken Vorjahres, was angesichts der Corona-Herausforderungen doch recht bemerkenswert ist.

Der Rückgang im Rohergebnis ist im dritten Quartal mit 3,6 % nur etwa halb so hoch ausgefallen als das Umsatzminus. Woran lag dies? Wird sich die bessere Entwicklung des Rohertrags im Vergleich zum Umsatz auch in den kommenden Quartalen fortsetzen?

Adi Drotleff: Hier hilft ein Blick auf die langfristige Entwicklung von Umsatz und Rohertrag in den letzten Jahren. 2016 und 2017 hatte unser Vorlieferant Autodesk, dessen CAD-Grundsoftware wir für unsere Digitalisierungslösungen benutzen, durch die Umstellung von Verkauf auf Vermietung für eine Delle bei unserem Handelsumsatz gesorgt, die wir aber mit starkem Wachstum bei den proprietären Eigenleistungen gut kompensieren konnten. Dadurch war die Rohertragsentwicklung in dieser Zeit deutlich besser als die Umsatzentwicklung, die Rohmarge stieg von 52,7% in 2015 auf 58,9% in 2017. Danach setzte eine – erwartete – Gegenbewegung ein, so dass der Umsatz durch die dynamische Entwicklung des Autodesk-Geschäfts viel stärker wuchs als der Rohertrag und im Gegenzug die Rohmarge bis auf 47,7% im Q1/2020 nachgab.

Seitdem sehen wir wieder den umgekehrten Effekt, und das wird nach unserer Einschätzung auch bis mindestens Ende 2021 anhalten und den Rohertrag stärker als den Umsatz steigen lassen – mit entsprechendem Auftrieb für die Rohmarge, die in Q3 bereits wieder bei 55,5% lag. Da wir diese Schwankungen bei der Umsatzentwicklung aber auf der Kostenseite immer sehr gut abfedern können und die Ergebnisentwicklung deshalb sehr konstant ist – schon im Jahr 2017 hatten wir aus einem Umsatzrückgang von3,7% ein EBIT-Plus von 22% gemacht – muss das den Anleger eigentlich nicht interessieren. Einfach bei MuM mehr auf die Ergebnisse schauen und weniger auf die kurzfristige Umsatzentwicklung.

Das Systemhaus-Geschäft scheint aktuell besser durch die Krise zu kommen als der Software-Bereich. Warum ist das so oder ist das nur eine Momentaufnahme?

Adi Drotleff: Beide Segmente weisen nach neun Monaten zweistellige EBIT-Zuwächse auf, und die Software trägt mit 63% immer noch den größeren Teil zum Konzern-EBIT bei. Man darf hier nicht vergessen, dass wir bei der Software mit einer EBIT-Rendite von 24,9% schon sehr profitabel sind und deshalb – unabhängig von Corona – nicht so große prozentuale Zuwächse erwarten können wie im Systemhaus-Segment, das mit der aktuellen EBIT-Rendite von 6,4% noch mehr Platz bis zur Segment-Zielrendite von 10% hat und deshalb größere Schritte machen kann und soll.

Warum sind Sie mit dem EPS-Ausblick für das Gesamtjahr 2020 etwas vorsichtiger geworden? Haben sich mit der zweiten Corona-Welle die Erwartungen für das Jahresendgeschäft eingetrübt?

Adi Drotleff: Nein, das hat nur mit der deutlich besseren Planbarkeit zu tun, die wir nach neun Monaten haben. Man darf ja nicht vergessen, dass der „schwarze Schwan“ namens Corona im März recht überraschend aufgetaucht war und bei den Halbjahresergebnissen gerade mal vier Monate Erfahrung mit der Situation hinter uns allen lagen. Jetzt haben wir nur noch das Schlussquartal vor uns, das wir nach dem robusten Q3 beim Ergebnis ähnlich stark einschätzen wie das Rekord-Q4 im Vorjahr, natürlich mit einer gewissen Bandbreite nach oben und unten. Daraus ergibt sich für 2020 der Prognosekorridor beim Nettoergebnis von 107-118 Cent pro Aktie nach 99 Cent im Vorjahr.

Wie groß ist Ihr Spielraum auf der Kostenseite, wenn das vierte Quartal wieder stärker unter Corona-bedingten Einschränkungen leiden sollte?

Adi Drotleff: Der ist ziemlich groß. Da müsste schon eine recht massive Störung kommen, zumal unsere Kunden die Krise inzwischen recht routinemäßig wegstecken. Ich sehe aber nicht, dass die Regierungen weltweit eine nochmalige massive Störung der Weltwirtschaft mit Unterbrechung von Lieferketten riskieren wollen, da hier die Kollateralschäden ganz offensichtlich höher wären als der erzielbare Nutzen. Für uns ist es in diesem Zusammenhang ganz praktisch, dass wir unsere CAM-Software auch in China verkaufen und dort den Verlauf der wirtschaftlichen Erholung nach dem ersten Corona-Schock mit weitgehender Normalisierung schon im Q2 beobachten konnten.

Die Dividendenerwartung haben Sie mit 100 bis 105 Cent unverändert gelassen. Können Sie sich die annähernde Vollausschüttung des erwarteten Gewinns denn leisten angesichts der wieder zunehmenden Unsicherheiten im Corona-Umfeld?

Adi Drotleff: Wenn wir trotz der Corona-Situation ein Rekordergebnis einfahren können, dann können wir auch unsere Dividendenpolitik beibehalten, so einfach ist das. Bitte vergessen Sie nicht, dass mit der Dividendenausschüttung auch Steuern bezahlt werden, die der Staat zur Refinanzierung der Corona-Hilfen ziemlich dringend benötigen wird.

Für 2021 stellen Sie ein Umsatzwachstum in der Größenordnung von 8 bis 12 Prozent in Aussicht und ein weiteres Plus beim Ergebnis je Aktie von 18 bis 24 Cent. Welche Erwartungen liegen dieser Prognose zugrunde?

Adi Drotleff: Bis auf das erste Quartal 2021, in dem wir uns noch mit dem Super-Rekordquartal Q1/2020 vergleichen, wird der Rest von 2021 ja keine schwer zu schlagende Umsatz-Vergleichsbasis haben. Und beim Ergebnis bleiben wir einfach in dem Modus, mit dem wir den stetigen Aufwärtstrend der letzten Jahre erarbeitet haben: Die Kostenentwicklung immer unterhalb der Rohertragsentwicklung halten und daraus den Skaleneffekt für überproportionale Gewinnzuwächse schöpfen. Wie gut das bei uns funktioniert, konnte man ja an der Relation zwischen Rohertrag und EBIT im Q3 sehen.

Überraschend stark war die Cashflow-Entwicklung mit einem Plus von 53 % auf 32,7 Mio. Euro in den ersten neun Monaten 2020. Inwiefern ist dies auch ein Frühindikator für weiter steigende Nettogewinne?

Adi Drotleff: Ja, diese Zahl hat uns intern auch am meisten gefreut, denn der Cashflow ist eine nicht abgrenzbare Größe, die nur dann gut hereinkommt, wenn man alles oder zumindest vieles richtig gemacht hat. Die Rolle als Frühindikator für die Nettogewinn-Entwicklung hat der Cashflow bei uns schon im Jahr 2015 gespielt, als der Gewinn pro Aktie noch bei 24 Cent war, gleichzeitig aber der Cashflow schon auf 91 Cent hochgeschossen ist.

Im laufenden Jahr will Mensch und Maschine erstmals die Marke von 1 Euro beim Ergebnis pro Aktie (EPS) überspringen. Wie lange könnte es bis zur nächsten Marke von 2 Euro dauern oder rechnen Sie mit einem abflachenden Ergebniswachstum auf mittlere Sicht?

Adi Drotleff: Da wir bis auf weiteres von 18 bis 24 Cent EPS-Erhöhung pro Jahr ausgehen und für 2020 ein Nettoergebnis von 107-118 Cent pro Aktie erwarten, dürften wir vier bis fünf Jahre benötigen, um die 2-Euro-Marke zu knacken, also 2024 oder 2025. Ein abflachendes Ergebniswachstum erwarte ich nicht, eher im Gegenteil, denn wir haben heute ein auf sehr vielen Einzelmärkten ausbalanciertes, vollständig skalierbares Geschäftsmodell, stoßen also nirgends an irgendwelche Limits. Und mit höherem Ergebnis wird ja natürlicherweise auch der Sockel höher, von dem aus man weiterwächst, so dass bei stabilen prozentualen Raten die absoluten Schritte immer größer werden können.

Herr Drotleff, vielen Dank für das Interview.

 


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Adi Drotleff, Verwaltungsratsvorsitzender der Mensch und Maschine Software SE

adi drotleff

Adi Drotleff, Diplom-Informatiker, Gründer und Verwaltungsratsvorsitzender, Geschäftsführender Direktor


Kurzinfo zum Unternehmen

Die Mensch und Maschine Software SE (MuM) ist ein führender Anbieter von Computer Aided Design, Manufacturing und Engineering (CAD/CAM/CAE), Product Data Management (PDM) und Building Information Modeling/Management (BIM) mit über 60 Standorten in ganz Europa sowie in Asien und Amerika. Das MuM-Geschäftsmodell basiert auf den beiden Segmenten MuM-Software (Standardsoftware für CAM, BIM und CAE) und Systemhaus (kundenspezifische Digitalisierungs-Lösungen, Schulung und Beratung für Kunden aus Industrie, Bauwesen und Infrastruktur).

Die 1984 gegründete Firma hat ihren Hauptsitz in Wessling bei München, beschäftigt gut 1.000 Mitarbeiter und hat 2019 einen Umsatz von 246 Mio Euro erzielt. Die MuM-Aktie ist in Frankfurt (scale30) und München (m:access) notiert.

 

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