SDAX – Gerry Weber geht weiterhin durch schwere Zeiten

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Heute hat der Modekonzern Gerry Weber International AG (ISIN: DE0003304101) seine erwartet schwachen Halbjahresergebnisse für 2015/2016 vorgelegt.

Das Unternehmen aus Halle (Westfalen) hat zwar in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres den Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern können, auf der Ergebnisseite musste man hingegen starke Einbußen hinnehmen.

Überraschend ist dies allerdings nicht, hat sich an der schwierigen Marktlage im deutschen Textilhandel nach wie vor nichts geändert. Aus diesem Grund hatte Gerry Weber Ende Februar auch bereits sein umfassendes Programm zur Neuausrichtung „FIT4GROWTH“ vorgestellt. 

Gewinn bricht im ersten Halbjahr drastisch ein

Beim Blick auf das EBITDA, EBIT und den Periodenüberschuss zeigt sich, dass es aktuell nicht sonderlich gut um Gerry Weber bestellt ist. Zwar rutschte das Unternehmen nicht in die Verlustzone, doch die rückläufigen Ergebnisse waren unübersehbar massiv.

So verschlechterte sich das EBITDA von 52,5 Mio. EUR (1.HJ 2014/2015) um -43,05% auf 29,9 Mio. EUR, wobei die EBITDA-Marge um -5,4% auf 6,7% sank. Das EBIT sank von 36,2 Mio. EUR um -76,80% auf 8,4 Mio. EUR, wobei die EBIT-Marge sich um -6,5% auf nur noch 1,9% verringerte. Unterm Strich blieb ein Periodenergebnis von 3 Mio. EUR, nach 21,9 Mio. EUR im 1.HJ 2014/2015. Ein Gewinnrückgang von -86,30%.

Verantwortlich für den starken Ergebnisrückgang waren die Umsatzeinbußen beim margenstarken Gerry Weber-Core-Geschäft, den anhaltend hohe Fixkosten und den Kosten für die Expansion von Hallhuber. darüber hinaus belasteten erhöhte Abschreibungen, unter anderem auch wegen der Schließung von Filialen im Zuge der Neuausrichtung „FIT4GROWTH“ das Ergebnis.

Leichter Umsatzanstieg dank Hallhuber

Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr 2015/2016 auf Konzernebene im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 432,7 Mio. EUR um +2,52% auf 443,6 Mio. EUR leicht an.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Geschäft von Hallhuber im letzten Jahr erst ab Februar berücksichtigt wurde. Von November 2015 bis Ende April 2016 steuerte die Tochter von Gerry Weber mit 91,7 Mio. EUR alleine über 22% zum Gesamtumsatz bei.

Die positive Entwicklung bei Hallhuber ist derzeit aber auch der einzige Lichtblick. Der Umsatz des Gerry Weber Core-Wholesale-Geschäfts brach indes von 197,7 Mio. EUR um -26,35% auf 145,6 Mio. EUR deutlich ein.

Besser lief es im Hinblick auf das Gerry Weber-Core-Retail-Geschäft, so könnte man zunächst meinen: Der Umsatz legte hier von 201,3 Mio. EUR (1. HJ 2014/2015) um +2,53% auf 206,4 Mio. EUR zu. Allerdings beruht der Zuwachs einzig und allein auf der Eröffnung neuer Verkaufsflächen. Auf vergleichbarer Fläche verzeichnete der Modekonzern auch in diesem Kernsegment einen deutlichen Umsatzrückgang von -6,7%. Dieser Umsatzrückgang ist neben der prekären Marktlage unter anderem auf die geänderte Waren- und Bestandsführung zurückzuführen, welche durch die Neuausrichtung „FIT4GROWTH“ umgesetzt wurde, um die Profitabilität zu verbessern.

FIT4GROWTH soll die Wende bringen

Ende Februar hatte Gerry Weber der Öffentlichkeit mit der Vorstellung von „FIT4Growth“ einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur notwendigen Neuausrichtung des Modekonzerns vorgelegt.

Der Maßnahmenkatalog ist vor allem auf vier Ziele ausgerichtet: So will man den Bereich Retail optimieren, das Wholesale-Geschäft stärken, Strukturen und Prozesse anpassen sowie eine Modernisierung der Marken vorantreiben.

Im Zuge der Optimierung des Retailgeschäfts hatte Gerry Weber angekündigt, auf Sicht der nächsten zwei Jahren 103 Filialen schließen zu wollen. Bis Ende April wurden bereits 21 davon geschlossen. Betroffen sind jene Geschäfte, die nicht die Zielmargen erfüllen und eine negative Wachstumsprognose aufweisen. Im Zusammenhang mit den Filialschließungen werden rund 460 Stellen abgebaut werden, einen entsprechenden Sozialplan hat man derweil mit dem Betriebsrat schon unterzeichnet. Zudem will das Unternehmen die Serviceleistungen und die Waren- und Bestandssteuerung optimieren und sich vermehrt dem Thema „Digitalisierung“ zuwenden.

Das Wholesale-Segment will man derweil durch diverse Maßnahmen wieder zum Zugpferd des Konzerns machen. Geplant sind hier eine verbesserte Betreuung bestehender Wholesale-Kunden, aber auch die Akquise von neuen Kunden aus dem Wholesale-Bereich. Weiterhin ist die Implementierung eines Partnerschaftsprogramm zur Optimierung der Warensteuerung und Servicequalität geplant.

Auch in der Zentrale in Halle (Westfalen) will man „aufräumen“. Aus diesem Grund hat man hier alle internen Prozesse analysiert. Ab dem Geschäftsjahr 2017/2018 will Gerry Weber durch die Optimierung der Strukturen und Prozesse Kosten in Höhe von 20 Mio. EUR bis 25 Mio. EUR einsparen. Dazu sollen am Hauptstandort unter anderem 200 Stellen abgebaut werden, weitere 50 Stellen sollen bei den Auslandsgesellschaften gestrichen werden.

Als letzte Maßnahme strebt Gerry Weber dann noch die Modernisierung ihrer Kernmarken an. Neben dem Aufpolieren der bestehenden Marken hat das Unternehmen mit dem Label „talkabout“ eine neue Marke für eine jüngere Zielgruppe entwickelt. Sie soll Ende Juni auf der Berliner Modemesse Panorama präsentiert werden.

Vorstand bestätigt Prognose für das laufende Jahr

Die Zahlen für das erste Halbjahr waren laut Vorstand im Rahmen der Erwartungen, weswegen man die Prognose für das Gesamtjahr auch bestätigte. Gerry Weber rechnet in 2015/2016 mit einem Umsatz in einer Spanne von 890 Mio. EUR bis 920 Mio. EUR. Die Tochter Hallhuber soll dabei einen Umsatzbeitrag von 180 Mio. EUR bis 190 Mio. EUR leisten. Die Erwartungen für das EBIT sieht der Vorstand zwischen 10 Mio. EUR und 20 Mio. EUR.

Erst wenn die Neuausrichtung greift, wird die Aktie wieder interessant

Weder die Halbjahreszahlen noch die Bestätigung der Prognose für das Gesamtjahr dürften Anleger zum Anlass genommen haben, die Aktie jetzt ins Depot zu nehmen. Der aktuelle Kurs von 11,21 EUR und das bisherige Tagesminus von -1,19% bestätigen diese These.

Es wundert auch nicht. Zu widrig ist das aktuelle Marktumfeld der Textilbranche in Deutschland und zu unsicher die Erfolgsaussichten der nun eingeleiteten Neuausrichtung. Auch wenn die Restrukturierung unter dem optimistischen Namen „FIT4GROWTH“ läuft, so ist zu diesem frühen Zeitpunkt kaum vorhersagbar, ob die Neuausrichtung, allen voran die Modernisierung der Marken, den erhofften Erfolg bringt.

Natürlich werden sich diverse Maßnahmen zur Kostensenkung – vor allem der Personalabbau – voraussichtlich positiv auf die Profitabilität niederschlagen. Dennoch gibt bis dato lediglich die Entwicklung der Tochter Hallhuber Grund zur Hoffnung. Der Plan, in den nächsten zwei Jahren die Voraussetzungen zu schaffen, um wieder zu wachsen, dürfte vor allem von der Entwicklung im Gerry Weber-Core-Bereich abhängen. Als Anleger muss man sich fragen, ob es dem Unternehmen gelingen kann, Wholesale-Kunden und Endkunden gleichermaßen zu überzeugen, wieder verstärkt die Kollektionen des Modehauses aus Halle (Westfalen) zu kaufen.

Sollten ersten Anzeichen dafür erkennbar werden, wird die Aktie zweifelsohne wieder interessant. Einen nachhaltigen Anstieg dürfte es bis dahin erst einmal aber wohl nicht geben. Und die ersten Analysten sehen schätzen dies offensichtlich auch so ein: Die Baader Bank beließ daher nach den heutigen Halbjahreszahlen das Votum auf „Sell“ und sieht das Kursziel bei 10 EUR. Das Bankhaus Lampe beließ seine Empfehlung auf „Halten“ mit einem Kursziel von 13 EUR. Genau zwischen diesen beiden Marken dürfte sich der Kurs in nächster Zeit bewegen. 

 


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