Entry Standard – Deutsche Börse sucht Namen für neues Börsensegment

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Carsten Kengeter, CEO der Deutschen Börse AG, hat auf dem Deutschen Eigenkapitalforum Anfang der Woche das für März 2017 geplante neue Börsensegment für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) vorgestellt.

Das neue Segment soll im Open Market (Freiverkehr) verankert werden und im Frühjahr den seit 2005 bestehenden Entry Standard ersetzen. Die Ziele und Rahmenbedingungen sind bereits definiert. Etwas sehr Wichtiges fehlt aber: Noch weiß keiner, wie das Kind heißen soll.

Name soll für Aufbruchsstimmung, Entschlossenheit und Erfolg stehen

Bei der Suche nach einem schlagkräftigen Namen hat sich Vorstandschef Kengeter für einen „trendigen“ und vor allem öffentlichkeitswirksamen Weg entschieden: Jeder ab 18 Jahren ist dazu aufgerufen, maximal zwei  Namensvorschläge bis zum 29. November 2016 bei der Deutschen Börse einzureichen.

Gesucht wird ein Name, der national sowie international für „Aufbruchsstimmung“ steht und darüber hinaus mit den positiven Attributen „Entschlossenheit“ und „Erfolg“ assoziiert wird. Man darf gespannt sein, was bis nächsten Dienstag an Vorschlägen ins Haus flattert und welcher Ideengeber mit welchem Namensvorschlag  letztendlich die Jury überzeugen kann.

Der ausgelobte Gewinn, ein gemeinsamer Besuch mit CEO Kengeter in die Commerzbank-Arena zu einem Heimspiel des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, dürfte – auch wenn die Frankfurter in dieser Saison erfreulich gut dastehen –  indes wohl nur einen begrenzten Teil der Bevölkerung motivieren an der Aktion teilzunehmen.

Als offizieller Namensgeber zu gelten bzw. Taufpate eines Börsensegments zu werden, bietet demgegenüber aber sicherlich schon einen sehr viel höheren Reiz. Wer sich an der Namensfindung beteiligen will, kann sich dazu auf der Webseite der Deutschen Börse informieren (Informationen zum Ideenwettbewerb).

Weiterer Baustein für die  Wachstumsfinanzierung von KMUs

Die Idee für ein neues Börsensegment für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) bzw. small and medium-sized enterprises (SMEs) kommt seitens der Deutschen Börse natürlich nicht aus dem Nichts, sondern ist als weiterer Baustein des zuletzt eingeschlagenen Weges zu betrachten, KMUs einen verbesserten Zugang zu Investoren und damit zum Kapitalmarkt zu bieten.

deutsche boerse carsten kengeter„Wachstumsfinanzierung gehört zu den Kernaufgaben einer Börse. Der Kapitalbedarf von kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland und Europa ist deutlich gestiegen. Mit unserem neuen Segment bringen wir diese Unternehmen mit Investoren zusammen und ermöglichen so die Finanzierung von Wachstum.“, erklärte CEO Kengeter (Bild rechts) den Sinn des neuen Segments in seiner Rede auf dem Deutschen Eigenkapitalforum.

Bereits mit der Plattform „Deutsche Börse Venture Network“, die im Juni 2015 ins Leben gerufen wurde, um ausgewählten Start-ups und Wachstumsunternehmen einen vereinfachten Zugang zu professionellen Kapitalgebern zu gewähren, wurde ein erster Schritt in diese Richtung getan. Ende September 2016 ging mit der va-Q-tech AG (Artikel:va-Q-tec geht wohl Ende September an die Börse) das erste Unternehmen aus den Reihen der Deutsche Börse Venture Network erfolgreich an die Börse.

Im Juni dieses Jahres gründete man zudem die Corporate Venture Capital-Plattform (CVC) „DB1 Ventures“,  durch welche die Deutsche Börse einen besonderen Fokus auf die Finanzierung von FinTech-Unternehmen legen will. Der Grund dafür war, dass man sich noch aktiver und intensiver mit den Start-ups und Wachstumsunternehmen der Zukunftsbranche FinTech beschäftigen möchte.

Dass nach diesen vorbörslich (Pre-IPO) ausgerichteten Plattformen nun ein neues Börsensegment für KMUs folgen soll, überrascht daher nicht, wenngleich sich die Begeisterung für einen „Neuen Markt 2.0“, wie ihn Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor zwei Jahren ins Gespräch brachte, bis ins letzte Jahr hinein eher in Grenzen hielt.

Neues Segment richtet sich primär an kleinere institutionelle Investoren

Während der Name für das Segment noch vakant ist, hat man bezüglich der Zielgruppen des neuen SME-Segments schon weitaus klarere Vorstellungen:  Wie der Zusatz „SME“ bereits offenbart, sollen kleine und mittlere Unternehmen das neue Segment bevölkern. Im Speziellen geht es hier um Unternehmen aus dem deutschen und europäischen Mittelstand, die auf der Suche nach Kapital für ihr künftiges Wachstum sind.

Komplementär dazu besteht die andere Zielgruppe aus Investoren, die bereit sind, in diese SMEs zu investieren. Die Deutsche Börse richtet ihr Augenmerk dazu insbesondere auf professionelle Anleger wie Institutionellen SME-Investoren, Vermögensverwaltern, Family Offices, Retailinvestoren sowie High-Net-Worth-Individuals (HNWIs).

Was aber fällt dem aufmerksamen Leser hier auf? Genau, die Zielgruppe der „Privatanleger“ wird nicht explizit genannt. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob Privatanleger wohlmöglich keine Möglichkeit erhalten werden, sich an Unternehmen des neuen Segments zu beteiligen.

deutsche boerse hauke starsAnders als bei der außerbörslichen Finanzierungplattform „Deutschen Börse Venture Capital“, auf der ausschließlich ausgesuchte institutionelle Investoren agieren, sollen Privatanleger aber durchaus ab März 2017 in Unternehmen aus dem geplanten SME-Segment investieren können. Dies bestätigte auch Hauke Stars (Bild links), Mitglied des Vorstands und Kassamarkt-Chefin, im Interview gegenüber dem Handelsblatt:

„Adressiert werden in erster Linie kleinere institutionelle Anleger. Aber auch Privatanleger sollen eine Rolle spielen und durch zusätzliche Informationen, die wir zur Verfügung stellen, leichter Anlageentscheidungen treffen können.“

Eine erhöhte Transparenz ist offensichtlich das Ziel: Diese soll durch eine Reihe von Zulassungskriterien und Einbeziehungspflichten künftig im neuen SME-Segment gewährleistet werden.

Jeder kleinste Verdacht, es könne ein zweiter „Neuer Markt“ entstehen, der damals aufgrund fehlender Kontrollmechanismen in ein schweres Desaster führte, sollen von Beginn an im Keim erstickt werden.

Good bye Entry Standard: Höhere Anforderungen und mehr Transparenz   

Warum der Entry Standard dem neuen SME-Segment weichen muss, wird schnell klar, wenn man sich die neuen Zulassungskriterien sowie die neuen Einbeziehungspflichten im Vergleich zu denen des Entry Standards anschaut.

Folgende Anforderungen zur Einbeziehung in den Entry Standard werden bis dato verlangt:

–    Gültiger und gebilligter Wertpapierprospekt
–    Berichtshistorie von mind. 2 Jahren
–    Grundkapital von mind. 750.000 Euro
–    Nennbetrag von mind. 1 Euro
–    Streubesitzanteil von mind. 10 Prozent und mindestens 30 Aktionäre

Demgegenüber müssen Unternehmen künftig, um in das neue SME-Segment aufgenommen zu werden, in jedem Fall eine Marktkapitalisierung von 30 Mio. EUR vorweisen können und außerdem durch einen ausgewählten Deutsche Börse Capital Market Partner vor, während und nach dem Börsengang (IPO) begleitet werden. Dieser prüft per Due Diligence unter rechtlichen und finanziellen Aspekten die Eignung des jeweiligen Unternehmens für das neue Segment.

Zusätzlich dazu müssen die Unternehmen noch drei der fünf nachstehenden Zulassungskriterien erfüllen:

–    Umsatz von mindestens 10 Mio. EUR
–    Jahresüberschuss mindestens 0 EUR
–    Bilanzielles Eigenkapital größer als 0 EUR
–    Kumuliertes, eingesammeltes Eigenkapital vor dem IPO von mindestens 5 Mio. EUR
–    Mitarbeiteranzahl des Emittenten mindestens 20

Auch, was die weiteren Folgepflichten anbelangt, erhöhen sich die Anforderungen an die Unternehmen. Im Entry Standard hatten Unternehmen bisher nur folgende Pflichten:

–    Veröffentlichung und Übermittlung des Jahresabschlusses samt Lagebericht
–    Veröffentlichung und Übermittlung des Halbjahresabschlusses samt Zwischenlagebericht
–    Fortlaufende Aktualisierung und Übermittlung des Unternehmenskalenders und des Unternehmenskurzportraits

Künftig will die Deutsche Börse die Transparenz und die Glaubwürdigkeit des neuen Segments dadurch weiter steigern, indem man die Pflichten für jedes Unternehmen um zwei zentrale Punkte erweitert:

Zum einen sollen unabhängige Research-Berichte zu den einzelnen Unternehmen seitens der Deutschen Börse an renommierte Analysehäuser in Auftrag gegeben werden. Zum anderen sollen die gelisteten Unternehmen der Ad-hoc-Publizität unterworfen werden: So müssen diese beispielsweise sogenannte Director Dealings oder andere kursbeeinflussende Ereignisse oder Entwicklungen zeitnah veröffentlichen.

Auf diese Weise ist davon auszugehen, dass bei den SMEs nunmehr ab März 2017 die „Spreu vom Weizen“ getrennt wird. Durch die neuen Zulassungskriterien und die Folgepflichten wird das Niveau eindeutig angehoben.

Erkennbar ist dies quantitativ allein daran, dass von den aktuell 141 im Entry Standard gelisteten Unternehmen laut Deutscher Börse voraussichtlich nur rund 40 den Sprung in das neue SME-Segment machen werden.

Diese verbliebenen Unternehmen dürften in der Folge für Investoren deutlich an Attraktivität gewinnen und sich somit über eine steigende Liquidität ihrer börsennotierten Wertpapiere freuen. Verbessern könnte sich dies noch einmal, wenn der bereits angekündigte Index für das Segment initialisiert wird.

Mit Material von Deutsche Börse AG

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